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Persönlicher Lebenslauf

  • 1972 In Berlin Schöneberg geboren
  • 1975 Adoptiert von Familie Löhner
  • 1979 – 1983 Grundschule Wilhelmsdorf (BW)
  • 1983 – 1989 Gymnasium Wilhelmsdorf (BW)
  • 1989 Mittlere Reife, 10. Klasse Gymnasium
  • 1994 – 1996 IHK Ausbildung Einzelhandelskauffrau
  • 1997 Wehrdienst bei den Funkern in Rothenburg an der Wümme
  • 1998 Beginn des Hobbies Webentwicklung und Server Administration
  • 2011 – 2018 Übernahme und Weiterentwicklung des Projekts Linuxcounter
  • 2015 – Sept. 2022 Head of IT und Webentwicklung bei der Akademie für Sport und Gesundheit in Radolfzell am Bodensee
  • Okt. 2015 Coming Out als geschlechtsvariante Frau (transsexuell)
  • Nov. 2016 Vornamens- und Personenstandsänderung, rechtlich weiblich
  • Januar 2018 Erste geschlechtsangleichende Operation
  • August 2018 Zweite geschlechtsangleichende Operation
  • Februar 2019 Brustaufbau Operation
  • seit Oktober 2022 Senior Fullstack Webdeveloper und Infrastructure Engineer bei keeen GmbH

Politische Laufbahn

  • 2019 Landesvorsitzende Baden-Württemberg der Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz
  • 2019 – 2020 Kandidatur zur Oberbürgermeisterin von Konstanz
  • Feb. 2020 Rückzug aus der Kandidatur
  • 2020 Rücktritt vom Landesvorsitz der Tierschutzallianz und
  • 2020 Eintritt in die Partei mut, mit Mut zu mehr.
  • Okt. 2021 - Feb. 2025 Mitglied des Bundesvorstands der Partei mut
  • Feb. 2025 Rücktritt vom Bundesvorstand und Austritt aus der Partei mut
  • Feb. 2025 Eintritt in die Partei DIE LINKE

Ehrenamtliche Vita

  • 1992 – 1996 Rettungsdienst und Ersthelferin beim DRK
  • 2007 – 2019 Verantwortliche für Musik und Technik im Kulturverein Wilhelmsdorf e.V.
  • 2015 Gründung Trans* SHG Hegau – Selbsthilfegruppe in Radolfzell
  • 2015 – Heute Beraterin und Selbsthilfegruppen für Menschen mit Variante der Geschlechtsentwicklung (Transsexualität)
  • 2019 Krankentransportfahrerin beim Deutschen Hilfsdienst Singen
  • Jan. 2020 Umbenennung und Vereinsgründung der Trans* SHG Hegau zu VDGE e.V. – Vereinigung von Menschen mit Variabte der Geschlechtsentwicklung e.V.
  • 2020 Ausbau der VDGE e.V. zu einer bundesweiten Organisation für Selbsthilfe und Peerberatung
  • 2022 - Heute Zwei mal im jahr fest eingeplante Dozentin für die Pflege-Ausbildung an zwei Kliniken im Schwarzwald zum Thema “LGBT in der Pflege”

Christins Geschichte

Mein Weg zu mir selbst: Eine bewegende Geschichte

Die frühen Jahre: Ein Leben im falschen Körper

Am 14. Juli 1972 begann in Berlin meine Lebensgeschichte - eine Geschichte, die von Anfang an durch eine fundamentale Diskrepanz geprägt war: die Diskrepanz zwischen meinem Körper und meiner Seele. Bei meiner Geburt wurde ich aufgrund meiner äußeren anatomischen Merkmale als "männlich" eingeordnet – eine folgenschwere Zuordnung, die den Grundstein für jahrzehntelange Kämpfe legen sollte, deren Intensität sich die meisten Menschen kaum vorstellen können.

Meine ersten Lebensmonate waren von einer Instabilität geprägt, die kein Kind erleben sollte. Geboren in eine ehemals angesehene, aber mittlerweile verarmte preußische Adelsfamilie, wurde ich früh zum Spielball eines dramatischen Familiendramas. Mein leiblicher Vater, der bereits wegen krimineller Aktivitäten meine beiden älteren Brüder verloren hatte und inhaftiert worden war, zwang meine Mutter nach seiner Entlassung, mich – ein erst einen Monat altes Kind – zur Adoption freizugeben, um seinen ältesten Sohn zurückzugewinnen.

Die Zeit im Adoptionsheim hinterließ tiefe Narben in meiner jungen Seele. Vernachlässigung, körperliche Misshandlung und unregelmäßige Versorgung prägten meine früheste Kindheit. Ich musste stundenlang schreien, ohne dass jemand kam, um mich zu trösten. Erst mit etwa vier Jahren wendete sich mein Schicksal zum Besseren, als ich von einem liebevollen Lehrer-Ehepaar aus Baden-Württemberg adoptiert wurde. Sie nahmen mich, ein traumatisiertes Kind, mit nach Wilhelmsdorf bei Ravensburg – doch die fundamentalen Fragen meiner Identität sollten mich weiterhin wie Schatten begleiten.

Die schmerzhafte Erkenntnis: Anders als die anderen

Mit fünf oder sechs Jahren begann ich, wie viele Kinder in diesem Alter, meinen Körper zu entdecken. Doch im Gegensatz zu anderen Kindern, die in dieser Phase ein Gefühl der Vertrautheit mit ihrem Körper entwickeln, wuchs in mir die erschütternde Gewissheit, dass etwas nicht stimmte. Ich konnte es damals noch nicht in Worte fassen, spürte aber instinktiv eine tiefgreifende Diskrepanz, die kein Kind in diesem Alter hätte spüren sollen.

Der Alltag konfrontierte mich ständig mit dieser Diskrepanz in einer Weise, die kaum zu ertragen war. Beim Schulsport, wenn die Klasse in "Jungen gegen Mädchen" aufgeteilt wurde und ich mich intuitiv zu den Mädchen hingezogen fühlte, oder auf dem Pausenhof, wo mich die Themen der Jungen nicht interessierten, während die Mädchen mich abwiesen – jeder Tag brachte neue Verletzungen:

"Du gehörst hier nicht her", "Du bist ein Junge, wir wollen dich nicht bei uns." Diese Zurückweisungen wiederholten sich wie ein grausamer Refrain und hinterließen emotionale Wunden, die selbst Jahrzehnte später noch spürbar sind. Ich begann, mich selbst als fehlerhaft wahrzunehmen, entwickelte ein tiefgreifendes Gefühl des Andersseins und zog mich zunehmend zurück. Mein Selbstwertgefühl schwand, während meine Introvertiertheit wuchs – ein Schutzmechanismus, der mich vor weiteren Verletzungen bewahren sollte, aber gleichzeitig meine Isolation verstärkte.

Das Paradoxe an meiner Situation war die absolute Gewissheit in meinem Inneren, ein Mädchen zu sein, während meine gesamte Umgebung beharrlich das Gegenteil behauptete. Diese fundamentale Dissonanz zwischen meinem inneren Erleben und den äußeren Zuschreibungen erzeugte nicht nur Verwirrung, sondern auch quälende Zweifel an meiner geistigen Gesundheit. Es war eine Zerrissenheit, die ein Kind kaum aushalten kann, ohne daran zu zerbrechen.

Pubertät: Mein Körper als Verräter

Mit dem Einsetzen der Pubertät verschärfte sich meine innere Krise auf eine Weise, die für Außenstehende kaum nachvollziehbar ist. Die körperlichen Veränderungen, die nun eintraten, stellten meine ohnehin fragile Selbstwahrnehmung vollends in Frage. Gesichtsbehaarung, der Stimmbruch und vor allem das Ausbleiben der weiblichen Brustentwicklung, auf die ich insgeheim gehofft hatte – all dies fühlte sich an wie ein biologischer Verrat an meinem wahren Selbst.

Mit dreizehn Jahren wurde mir unwiderruflich klar, dass bei mir "etwas ganz gewaltig schiefgelaufen sein musste" und ich in einem Körper gefangen war, der nicht zu meinem Inneren passte. Diese Erkenntnis vertiefte meine Selbstablehnung und meinen Selbsthass auf eine Weise, die mich fast zerstörte. Wie sollte ich solche Gefühle ertragen, ohne daran zu zerbrechen?

Meine schulischen Leistungen litten erheblich unter diesem inneren Konflikt, was meine besorgten Adoptiveltern veranlasste, professionelle Hilfe zu suchen. Doch in den Sitzungen bei verschiedenen Psychologen und Psychiatern fehlte mir der Mut, über mein eigentliches Problem zu sprechen. Ich konnte die Worte nicht finden, um zu beschreiben, was ich fühlte – und so blieb die Hilfe, die ich so dringend gebraucht hätte, außer Reichweite. In einer Zeit, in der Transgeschlechtlichkeit noch weit weniger verstanden und akzeptiert wurde als heute, war ich mit meinem Leid völlig allein.

Eine traumatische Erfahrung in Frankreich

Mit vierzehn Jahren verbrachte ich ein halbes Jahr in Frankreich im Rahmen eines Schüleraustauschs. In einem Park in der Nähe von Paris, wo ich regelmäßig Zeit verbrachte, um Musik zu hören und meinen Gedanken nachzuhängen, ereignete sich ein Vorfall, der meine Verwirrung über meine Identität und Sexualität noch verstärken sollte.

Ein erwachsener Mann, etwa 30 Jahre alt, näherte sich mir, begann mich zu betatschen, und obwohl ich die Möglichkeit gehabt hätte, die Situation zu verlassen, blieb ich wie erstarrt. Nach einer halben Stunde reichte er mir die Hand, und ich folgte ihm – nicht aus freien Stücken, sondern in einem Zustand der emotionalen Lähmung. Er führte mich in sein Haus, wo es zu sexuellen Handlungen kam – mein erster sexueller Kontakt überhaupt, unter solch traumatischen Umständen.

Heute weiß ich, dass es sich um eine Vergewaltigung handelte, obwohl ich damals in meiner Verwirrung und Unsicherheit nicht in der Lage war, es als solche zu identifizieren. Dieses traumatische Erlebnis vertiefte meine Identitätskrise noch mehr und fügte meinen bereits bestehenden seelischen Verletzungen eine weitere hinzu.

Nach meiner Rückkehr erreichte meine Verzweiflung einen gefährlichen Höhepunkt. In einem Moment extremer Krise fand ich mich mit einem Teppichmesser auf meinem Bett wieder, mit dem Gedanken, meinen Penis selbst zu entfernen – ein verzweifelter Ausdruck meines Wunsches, meinen Körper mit meinem inneren Selbstbild in Einklang zu bringen. Es ist ein Wunder, dass ich diesen verzweifelten Impuls nicht umsetzte und überlebte.

Mein Verhältnis zu meinen Adoptiveltern verschlechterte sich in dieser Zeit erheblich. Die Tatsache, dass sie nach meiner Adoption noch zwei leibliche Kinder bekamen, verstärkte mein Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören. Ich wurde immer schwieriger im Umgang, bockig und trotzig – ein verzweifelter Versuch, mit meinen inneren Konflikten umzugehen, der mich nur noch weiter isolierte.

Die Maske des Mannes: Mein Leben in Verleugnung

Mit etwa fünfzehn Jahren kapitulierte ich vor dem äußeren Druck und der inneren Zerrissenheit. "Alex, es ist wohl so wie es ist, du bist ein Kerl, also leb damit!" Mit diesem Gedanken begann ich, eine Maske zu tragen – die Maske des Mannes, den alle in mir sehen wollten. Ich musste meine wahre Identität für so lange Zeit verleugnen, nur um in einer Gesellschaft zu überleben, die keinen Raum für meine Wahrheit bot.

Der Wunsch nach Zugehörigkeit, nach Akzeptanz und einem Ende des Mobbings trieb mich dazu, alles zu tun, um als "echter Mann" durchzugehen. Ich begann intensiv Bodybuilding zu betreiben, engagierte mich im Leistungssport und wurde sogar Zweiter Deutscher Jugendmeister im Hochsprung. Ich trainierte Kampfsport – alles Versuche, meine wahre Identität zu unterdrücken und die Rolle zu spielen, die von mir erwartet wurde. Es kostete mich unendlich viel Kraft, Tag für Tag eine Rolle zu spielen, die meinem eigenen Innersten so fundamental widersprach.

Doch die Verdrängung meiner wahren Identität hatte einen hohen Preis. Die emotionale Mauer, die ich um mich herum errichtet hatte, wurde immer undurchdringlicher. Mit sechzehn Jahren lief ich zum ersten Mal von zu Hause weg und schloss mich der Punkszene in Ravensburg an – ein erster Versuch, aus den gesellschaftlichen Zwängen auszubrechen und einen Ort zu finden, an dem Andersartigkeit akzeptiert wurde. Es gab sogar einen Vorfall, bei dem ich im Wiener Wald in Ravensburg die Zeche prellte und von der Polizei aufgegriffen wurde – ein weiteres Zeichen meiner wachsenden Verzweiflung.

Mit achtzehn Jahren verließ ich dann endgültig mein Elternhaus und zog nach Ulm, wo mein Leben eine gefährliche Wendung nahm. Ich rutschte in die Drogenabhängigkeit ab, konsumierte alles von Kokain über Crack, Speed, Ecstasy bis hin zu LSD. Über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren finanzierte ich meinen Lebensunterhalt und meine Sucht durch Prostitution – eine Zeit, in der ich mich selbst völlig verlor und jegliche Selbstachtung aufgab. Ich ließ alles mit mir machen, solange ich dafür bezahlt wurde – ein Zeugnis meiner völligen Selbstaufgabe.

Es ist ein Wunder, dass ich diese dunkle Phase meines Lebens überlebte. So viele Menschen mit ähnlichen Schicksalen finden nie wieder heraus aus dem Teufelskreis aus Drogen, Prostitution und Selbsthass.

Mein mühsamer Weg zurück

Mit dreiundzwanzig Jahren gelang mir schließlich das, was vielen in meiner Situation nicht gelingt: Ich befreite mich aus diesem Teufelskreis. Mit der Unterstützung von Freundinnen aus dem Milieu der Prostitution durchlief ich einen kalten Entzug, fand eine feste Wohnadresse und begann eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Die Kraft und Entschlossenheit, die ich für diesen Schritt aufbringen musste, war enorm.

Doch der Schatten der Vergangenheit holte mich ein, als ich während dieser Ausbildungszeit zweimal innerhalb eines halben Jahres Opfer brutaler Gruppenvergewaltigungen wurde. Diese traumatischen Erlebnisse brachten mich an den Rand des Suizids, und es folgten mehrere Selbstmordversuche. Dass ich trotz dieser unfassbaren Belastungen nicht nur überlebte, sondern auch die Ausbildung erfolgreich abschloss – ich übersprang sogar das zweite Lehrjahr aufgrund herausragender Leistungen – zeugt von einer inneren Stärke, die selbst mich manchmal überrascht.

All diese Erfahrungen machte ich in der sozialen Rolle eines Mannes – eines Mannes, der zwar als feminin oder homosexuell wahrgenommen werden mochte, aber dennoch als Mann galt. Die Verdrängung meiner wahren Identität war so vollständig, dass ich jahrelang mein "eigentliches Problem" aus meinem Bewusstsein verbannte – ein psychologischer Schutzmechanismus, der mich vor der unerträglichen Wahrheit bewahrte, aber gleichzeitig verhinderte, dass ich zu mir selbst finden konnte.

Die Erkenntnis: Ein Name für mein Erleben

Es war erst im Jahr 2007, als ich einen entscheidenden Durchbruch erlebte. Ich stieß auf Informationen über Transgeschlechtlichkeit und erkannte plötzlich, dass es für mein Erleben einen Namen gab – und, was noch wichtiger war: dass es eine Lösung gab! Nach über drei Jahrzehnten des Leidens und der Verwirrung endlich eine Erklärung, eine Bestätigung zu finden, dass ich nicht "verrückt" oder "falsch" war, war ein unglaublich befreiendes Gefühl.

Diese Entdeckung war wie ein Lichtblick nach Jahrzehnten in der Dunkelheit. Ich verschlang geradezu jede verfügbare Information über Transgeschlechtlichkeit, las unzählige Erfahrungsberichte anderer transgeschlechtlicher Menschen und erkannte mich in jeder dieser Geschichten wieder. Endlich hatte ich eine Erklärung für das, was ich seit meiner frühesten Kindheit gefühlt hatte.

Trotz dieser befreienden Erkenntnis sollten noch acht weitere Jahre vergehen, bis ich 2015 endlich den Mut fand, den entscheidenden Schritt zu gehen und den Prozess der Geschlechtsangleichung zu beginnen – um meinen Körper endlich mit dem in Einklang zu bringen, was ich seit der Grundschule über mich wusste. Acht Jahre des Ringens, des Zweifelns, des Mut-Sammelns – ein weiteres Zeugnis dafür, wie schwer dieser Weg ist, selbst wenn man die eigene Wahrheit bereits erkannt hat.

Der Weg zu mir: Endlich ich selbst

Der Weg zu meinem wahren Selbst war lang und beschwerlich, aber jeder Schritt brachte mich näher zu mir selbst:

  • Im Jahr 2016 wurde ich vor dem Gesetz als weiblich anerkannt
  • Ich änderte meinen Namen von Alexander zu Christin Löhner
  • Seit Juni 2016 befinde ich mich in einer Hormon-Ersatz-Therapie
  • Am 22. Januar 2018 hatte ich meine geschlechtsangleichende Operation
  • Am 29. August 2018 folgte die entsprechende kosmetische Korrektur-Operation
  • Am 8. Februar 2019 unterzog ich mich einer Brustaufbau-Operation

Parallel dazu absolvierte ich eine Logopädie, um meine Stimme anzupassen. Die Durchführung der Barthaarepilation steht noch aus, erscheint mir persönlich jedoch nicht als vorrangig.

Heute bin ich in meinem weiblichen Körper angekommen und empfinde eine tiefe Dankbarkeit und Zufriedenheit über meinen zurückgelegten Weg. Nach Jahrzehnten des inneren Kampfes und der Selbstverleugnung kann ich endlich sagen: Ich bin Christin. Ich bin eine Frau. Und ich bin glücklich. Es ist nichts weniger als ein Wunder, dass ich nach all dem, was ich durchgemacht habe, nicht nur überlebt habe, sondern heute ein erfülltes, authentisches Leben führen kann.

Vom persönlichen Leid zur gesellschaftlichen Verantwortung

Meine eigenen Erfahrungen haben mich dazu bewogen, mich aktiv für die Rechte transgeschlechtlicher Menschen einzusetzen. Ich betrachte mich selbst als Aktivistin, als eine Frau mit transgeschlechtlicher Vergangenheit, die die Hürden und Schwierigkeiten kennt, die transgeschlechtliche Menschen auf ihrem Weg überwinden müssen.

Die traumatischen Erfahrungen des Mobbings in meiner Schulzeit, die zahlreichen Selbstmordversuche in meiner Verzweiflung und die Erkenntnis, dass die Gesetzeslage für transgeschlechtliche Menschen in Deutschland menschenrechtswidrig ist, haben in mir den Entschluss gefestigt, für Veränderung zu kämpfen. Nach all dem, was ich selbst durchlitten habe, finde ich nun die Kraft, mich für andere einzusetzen.

Im September 2016 gründete ich die Selbsthilfeinitiative VDGE e.V., die ich seither erfolgreich leite und die mittlerweile im gesamten deutschsprachigen Raum Peerberatung und Selbsthilfe für transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen anbietet. Mit aktuell etwa 58 Mitgliedern ist die Organisation zu einer wichtigen Anlaufstelle für Betroffene geworden.

Mein Engagement geht jedoch weit darüber hinaus:

  • Ich halte Seminare, Workshops und Vorträge über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt an Universitäten, Schulen und sozialen Einrichtungen
  • Ich spreche offen über Akzeptanz, Toleranz und bekämpfe aktiv Mobbing sowie Homo- und Transphobie
  • Ich berate und begleite rund 150 transgeschlechtliche Personen deutschlandweit auf ihrem individuellen Weg
  • Ich stehe mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um Fragen zu Hormonen, Operationen, Ärzten sowie Mode- und Stilberatung geht

Ein besonderer Meilenstein meiner Aufklärungsarbeit ist die Integration in den Lehrplan der Pflegeausbildung an der Helios Klinik in Rottweil und am Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen. Dort halte ich jeweils zweimal jährlich je zwei Doppelstunden, um angehende Pflegekräfte für die Themen LGBT, Queer, Diversität, Vielfalt, Transgeschlechtlichkeit und Intergeschlechtlichkeit zu sensibilisieren und ihnen praktische Handlungskompetenzen für den respektvollen Umgang mit diesen Patientengruppen zu vermitteln. Es ist mir wichtig, meine schmerzhaften Erfahrungen in etwas Positives zu verwandeln, das zukünftigen Generationen zugute kommt.

Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, nutze ich aktiv verschiedene Medienkanäle. Mehrere Fernsehdokumentationen über mein Leben wurden bereits auf Sendern wie Sat.1 und VOX ausgestrahlt. Als Talkgast war ich unter anderem bei "Britt - Der Talk" auf Sat.1 oder in der "Barbara Karlich Show" auf ORF zu sehen. Zahlreiche Zeitungsberichte dokumentieren meine Geschichte und mein Engagement. Meine Bereitschaft, meine intimsten und schmerzhaftesten Erfahrungen öffentlich zu teilen, um anderen zu helfen und das Bewusstsein zu schärfen, ist für mich ein wichtiger Teil meiner Mission.

Ein persönlicher Höhepunkt war meine Hochzeit mit meiner Frau Michelle im Jahr 2018 in Stockach. Wir waren damals das erste gleichgeschlechtliche und transgeschlechtliche Ehepaar in Baden-Württemberg – ein Ereignis, das ebenfalls mediale Aufmerksamkeit erregte und im Fernsehen dokumentiert wurde. Nach all dem Leid, das ich durchgemacht habe, ist es ein wahres Geschenk, dass ich schließlich nicht nur zu mir selbst, sondern auch zur Liebe gefunden habe.

Ein Leben voller Wunder

Das Schreiben und Teilen meiner Geschichte ist für mich nicht nur ein persönlicher Heilungsprozess, sondern auch ein Akt der Aufklärung und des Widerstands gegen Diskriminierung und Unwissenheit.

Indem ich meine Erfahrungen teile, möchte ich anderen transgeschlechtlichen Menschen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen. Gleichzeitig will ich das Bewusstsein in der Gesellschaft schärfen und zu einem besseren Verständnis für die Realitäten transgeschlechtlicher Menschen beitragen.

Mein Weg war geprägt von Schmerz, Verleugnung und Kampf, aber auch von unbeschreiblichem Mut, Selbstfindung und letztendlich Erfüllung. Es ist ein Weg, der zeigt, dass es möglich ist, trotz aller Widrigkeiten zu sich selbst zu finden und ein authentisches, erfülltes Leben zu führen. Dass ich nach all den traumatischen Erfahrungen, die ich gemacht habe – das frühe Trauma der Adoption, das Mobbing, die sexuellen Übergriffe, die Drogensucht, die Prostitution, die Selbstmordversuche – nicht nur überlebt habe, sondern heute ein Leben in Selbstbestimmung und mit einem solchen Engagement für andere führen kann, grenzt an ein Wunder.

Dies ist meine Geschichte – die Geschichte einer Frau, die über Jahrzehnte hinweg gegen gesellschaftliche Normen und innere Zweifel kämpfen musste, um endlich sie selbst sein zu können. Es ist eine Geschichte des Leidens, aber auch eine Geschichte der Hoffnung und des Triumphs des authentischen Selbst über gesellschaftliche Erwartungen und Vorurteile.

Indem ich diese Geschichte erzähle, setze ich mich weiterhin für eine Welt ein, in der niemand einen solchen Leidensweg gehen muss, um sein wahres Selbst leben zu können – eine Welt, in der geschlechtliche Vielfalt nicht nur toleriert, sondern wertgeschätzt wird. Dafür kämpfe ich jeden Tag, und das wird mich auch weiterhin antreiben.