Resume zur Wahl - Die Angst ist da - Der Faschismus so stark wie seit fast 80 Jahren nicht mehr

Habt ihr aus der Geschichte wirklich nichts gelernt?

Wollt ihr wirklich das, was ihr mit Eurer Wahl heraufbeschwört?

Ich habe lange Zeit darüber nachgedacht, ob ich mich zu den Wahlergebnissen äussern soll oder nicht. Eine Freundin hat gestern einen Beitrag auf Facebook gebracht, der für mich dann den Ausschlag gegeben hat, doch etwas zu schreiben, obwohl ich eigentlich keine große Lust dazu habe. Und eigentlich habe ich auch gar keine Worte für das, was in den letzten Wochen, Monaten passiert ist und dessen Ergebnis man nun am Sonntag bei den Wahlen gesehen hat.

Und doch, ich muss mich äussern. Ich muss etwas dazu schreiben. Denn nur wenn wir aufstehen und uns dagegen stellen, können wir auch etwas verändern. Aber was nur soll ich dazu sagen, was nicht schon millionenfach gesagt wurde?

In den östlichen Bundesländern hat sich jede*r dritte Wähler*in für die AfD entschieden. Die CDU ist die zweitstärkste Kraft geworden, direkt gefolgt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Einzig Berlin, das kleine gallische Dorf im blau-braunen Sumpf, hat als stärkste Kraft BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewählt. Als zweitstärkste Partei wurde in Berlin die CDU gewählt, gefolgt von der SPD. In Berlin liegt die AfD auf dem vierten Platz. Bravo Berlin. Und der Rest von Deutschland? Bayern ist unverändert mit der CSU an der Spitze und auch in den anderen Bundesländern gab es kaum Überraschungen. Der westliche Teil Deutschlands wird weitestgehend von der CDU beherrscht, gefolgt von SPD oder BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

In Deutschland haben wir 400 Stadt- und Landkreise. Von diesen 400 Stadt- und Landkreisen gab es in 39 Stadt- und Landkreisen einen Wechsel zur AfD und in 44 Stadt- und Landkreisen einen Wechsel von SPD oder GRÜNE zur CDU. Das heißt, in 83 Stadt- und Landkreisen gab es einen Wechsel von mitte/links nach rechts (aussen). Hatten wir 2019 nur 30 Stadt- und Landkreise in denen die AfD die stärkste Kraft war, so haben wir nun in 2024 69 Stadt- und Landkreise, in denen die AfD die stärkste Kraft ist. Andersrum hatten wir in 2019 noch 69 Stadt- und Landkreise, die sich eindeutig links positionierten. In 2024 haben wir nur noch 16 Stadt- und Landkreise, in denen die SPD oder BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die stärksten Kräfte sind.

So viel zur Zusammenfassung der Wahl am letzten Sonntag.

Mir macht das alles unglaublich Angst. Der Rechtsruck in Deutschland ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Er ist da und er ist stark. 91 Jahre nachdem Hitler an die Macht kam und 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ist der Faschismus in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Was mich am meisten schockiert, ist die Tatsache, dass gerade die östlichen Bundesländer, gerade die Bundesländer die noch viele Jahre nach Ende des Nationalsozialistischen Faschismus unter dem totalitären Regime  des Ostblocks und der Sowietunjon zu leiden hatten, jetzt genau das wieder heraufbeschwören, was wir überstanden hofften und glaubten.

Es ist eine Sache, aus Überzeugung den Faschismus zu wählen. Es ist aber eine ganz andere Sache, aus Unwissenheit und nichts Anderem als Protest, weil die aktuelle Politik halt gerade nicht gefällt, wieder den gleichen Fehler zu machen. Fragt man die Menschen auf der Straße, warum sie die AfD wählen, kommt als Antwort immer und immer wieder nur eines: Protest wegen der aktuellen Politik. Glauben diese Menschen allen Ernstes, dass es mit der AfD besser würde? Glaubt ihr das wirklich? Seid ihr wirklich so blind? Wisst ihr, was damals die Menschen antworteten, als sie gefragt wurden, warum sie die NSDAP wählten? Sie sagten damals genau das, was ihr heute sagt.

Die Geschichte wiederholt sich.

Die Geschichte wiederholt sich aber nicht aus Überzeugung. Sie wiederholt sich, weil fast ein Drittel der Wähler*innen in Deutschland, aus Protest an der aktuellen Regierung, die schlechteste Wahl treffen und lieber eine faschistische und rechtsextreme Partei an die Macht wählen, als wirklich etwas für die so wichtige Demokratie in Deutschland zu tun. Genau wie damals 1933.

Eine gute Freundin erzählt: “[…] Und dann gehst du zur Arbeit und unterhältst dich mit Layla, der Auszubildenden, die aus Syrien kommt. Sie hat jetzt ihre schriftlichen Prüfungen mit 97 % abgeschlossen, sehr viel besser geht es kaum. Die mündliche Prüfung nächste Woche wird ein Klacks. Sie ist fleißig, gut ausgebildet und spricht mittlerweile fließend Deutsch. Ich würde sie als komplett integriert bezeichnen. Sie erzählt mir, wie fassungslos sie über das Wahlergebnis ist. Wieviel Angst sie vor der AfD hat und dass ein wildfremder älterer Mann am helllichten Tag vor einem Einkaufszentrum einen ihrer Freunde bedroht und dann sogar mit einem Stein geschlagen hat. Er wurde am Kopf verletzt. Einfach so. Ohne Grund, ohne Vorwarnung. Die Polizei, die gleich gerufen wurde, hat den Mann gehen lassen. "Was wird jetzt aus meinem Einbürgerungsverfahren?", fragt sie mich. "Werde ich rausgeschmissen und muss mir wieder woanders alles neu aufbauen? Muss ich Angst um mein Leben haben?" Und dann kommt noch, dass ich Glück hätte, schließlich sei ich Deutsche, mit einem deutschen Namen und blonden Haaren. Was antwortet man in diesem Fall?”

Ja, was soll man darauf antworten? Was soll man antworten, wenn ein Drittel der Menschen in Deutschland die AfD wählen und faschistoide Remigrationsphantasien haben?

Ich selbst bin trans. Ich bin eine Frau mit trans Vergangenheit. In den Augen eben dieser Faschisten, bin ich ein Psychopath, der sich nur als Frau verkleidet, um meinen pädophilen Neigungen leichter nachgehen zu können. In den Augen eben dieser Rechtsextremisten, bin ich ein Kerl in Frauenklamotten, der sich gerne in Damenumkleiden an Frauen heranmachen möchte. Wohlgemerkt sind das die Aussagen dieser Faschisten. Das sind nicht meine Phantasien. 

Das Leiden, das Mobbing, die physische und verbale Gewalt, die Depressionen, die Suizidversuche, all das Leid, das ich in der Vergangenheit erfahren musste und weshalb ich dann endlich meine Transition begonnen habe, zählt für sie nicht. All das Leid, das mit trans* Sein zusammenhängt und mich beinahe umgebracht hätte, ist für sie egal. All die Probleme vor allem mit mir selbst, ist denen völlig egal. Sie sehen nur den Mann in Frauenkleidern und sagen, der Typ gehöre vergast. Ja, auch das habe ich schon über mich hören und lesen müssen.

Ja, ich habe Angst. Verdammt große Angst.

Sehr viele meiner Freunde sind trans* oder haben Migrationshintergrund - oder gar Beides. Ich habe blinde Freunde und Freunde die dem autistischen Spektrum angehören. Sie alle haben Angst. Angst vor dem, was kommt. Die Geschichte wiederholt sich.

Höcke, Weidel, Gauland, von Storch, Krah, Bystron, Brandner und wie sie alle heißen. Sie alle leisten sich ein Ding nach dem Anderen. Sie phantasieren über “Remigration”. Sie schleusen Spione in die Bundesregierung. Sie lassen sich vom Kriegstreiber und Diktator Putin bezahlen. Sie ermorden Politiker, die ihnen im Weg stehen. Sie brüllen “Alles für Deutschland” und heben den rechten Arm zum Gruß. Sie leugnen den Holocaust und lachen über einen ermordeten Polizisten. 

Sie hetzen uns gegeneinander auf und ihr merkt es nicht.

Seit Monaten gehen die Menschen auf die Straße und demonstrieren gegen Rechts und gegen Faschismus. Seit Monaten demonstrieren sie für ein Verbot der AfD. Aber statt dass man sich wirklich gegen Rechts stellt und die Demokratie in Deutschland wirklich schützt, wird gezögert bis es zu spät ist.

Die Geschichte wiederholt sich

…und ich habe große Angst.

 

Comments

Hab keine Angst Christin, zurück rudern geht politisch nicht mehr, und falls diese Regierung so dumm sein sollte, es zu versuchen, gehen wir wieder auf die Straße - für und mit euch!!!😘

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